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"Mehr Fingerspitzengefühl"

HANDBALL: Trainer der südhessischen Vereine kritisieren das rigorose Spielverbot am Eröffnungswochenende der Damen-WM

Zugunsten einer ungeteilten Aufmerksamkeit für den WM-Auftakt der deutschen Damen verfügte der Deutsche Handball-Bund ein Spielverbot für die meisten Klassen. Hier zieht die deutsche Kapitänin Anna Loerper an Kameruns Aubiege Njampou vorbei.

Am Wochenende ruht in den Handball-Spielklassen unterhalb der Bundesligen der Ball. Der Grund sorgt dabei bei Verantwortlichen und Spielern für gemischte Gefühle: Der Deutsche Handball-Bund (DHB) möchte mit dem Spielverbot den Fokus auf die Heim-WM der Frauen lenken. Ob das gelingt, ist die Frage. Für großen Unmut sorgt auf alle Fälle ein Versäumnis, den der Hessische Handball-Verband (HHV) offen zugibt: "Wir hatten Versäumnisse in der Kommunikation", gesteht der Vizepräsident Spieltechnik, Tobias Weyrauch.

Der DHB hatte auf seinem Bundestag 2016 beschlossen, dass sowohl das Eröffnungswochenende der Frauen-WM als auch der Finaltag (17. Dezember) freigehalten werden müssen. Dadurch sollen sowohl mehr Volunteers gewonnen, als auch die Hallen gefüllt werden. Doch im Bereich des HHV blieben diese Informationen lange liegen. Erst im Juni fiel auf, dass die Bezirke munter Partien auf diese Tage legten. Das mit Androhung einer Strafe beschlossene Spielverbot war wohl niemandem so recht bekannt.

"Die Bezirke sind hier nicht ganz aus der Pflicht", betont Weyrauch, der die Vereine aber in Schutz nimmt: "Sollte es zu Strafen durch den DHB kommen, sind wir von Seiten des HHV und eventuell auch die Bezirke gefordert. Der Fehler liegt bei uns."

Verweis auf Männer-Turnier

Immerhin: Den allermeisten Vereinen aus der Region ist es gelungen, den Spielplan anzupassen. Ob die Regelung allerdings sinnvoll ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander. So gab Uwe Groß, Trainer des Männer-A-Ligisten TG Biblis, unumwunden zu: "Ich dachte, wir wären einfach spielfrei, wollte dann nachschauen, welchen Gegner ich vielleicht beobachten kann. Erst da bin ich auf dieses Verbot aufmerksam geworden."

Groß hält wenig von der strikten Reglung. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Spieler aus unserer Gegend zur WM nach Trier, Magdeburg oder Leipzig fahren. Eine Verlegung am Final-Wochenende - wenn es Deutschland schafft - hätte gereicht." Er erinnert sich an die Männer-WM, als Deutschland im Endspiel stand, aber eine Verlegung der unterklassigen Spiele nur mit Einwilligung des Gegners möglich war: "Zwischen diesen beiden Extremen - ein Spielverbot und eine Verlegung mir vielen Hürden - muss es auch etwas geben."

Positiver sieht Sascha Holdefehr, Coach des A-Ligisten TV Groß-Rohrheim die Reglung: "Wir wollen Werbung für unsere Sportart und wenn man eine Heim-WM hat, ist es in Ordnung, wenn man den Fokus darauf legt", erklärt er. Holdefehr gibt aber zu bedenken: "Das rigorose Spielverbot halte ich für übertrieben." Die Öffentlichkeitsarbeit des DHB sieht er in diesem Bereich kritisch: "Wenn ich im Training fragen würde, warum wir am Wochenende nicht spielen, bin ich mir sicher, dass nicht alle Spieler die Antwort wüssten." Für Holdefehr ist die WM "eine sehr interessante Sache", weil er Spielerinnen wie Antje Lauenroth oder Kim Naidziniavicius persönlich kennt: "Ich habe vor einigen Jahren mal beim damaligen Zweitligisten Bensheim/Auerbach hospitiert und sie kennengelernt."

Grundsätzlich gut findet Sascha Köhl, Trainer des Frauen-Bezirksoberligisten FSG Biblis/Gernsheim, das Spielverbot. "Die Basis muss auch mal die Elite unterstützen", sagt er. "Wir wollen, dass der Handball populärer wird und dazu ist es auch mal wichtig, den Fokus auf eine Heim-WM zu legen", findet er es auch für die Einschaltquote im Fernsehen förderlich, wenn an den Spieltagen, an denen Deutschland im Einsatz ist, der Ligabetrieb ruht.

Gerne gespielt hätte Achim Schmied, Trainer des Bezirksoberligisten TV Lampertheim: "Wenn Deutschland ins Endspiel kommen würde und man verlegt an diesem Termin die Spiele, ist das etwas anderes. Aber das Eröffnungswochenende?"

Ganz ähnlich ist auch die Meinung von Armin Kübelbeck, dem stellvertretenden Vorsitzenden des Handball-Bezirks: "Wir sind weit weg von den Spielorten. Etwas mehr Fingerspitzengefühl wäre hier wünschenswert gewesen. So hat man eine gut gemeinte Sache, nämlich größtmögliche Reichweite für die Weltmeisterschaft, durch ein rigoroses Vorgehen bei einigen Vereinen ins Gegenteil umgekehrt."

Doch der Verband zeigt sich geläutert und gibt das nächste Spielverbot jetzt frühzeitig bekannt:

Im Januar 2018 wird an zwei Wochenenden, wegen der WM der Männer, der Spielbetrieb ruhen.


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